Abb. 1  Botticelli Sandro, Nascita di Venere, 1485-1486, Oil on canvas, 172x278 cm, Galleria degli Uffizi, Firenze.
Abb. 1
Botticelli Sandro, Nascita di Venere, 1485-1486, Oil on canvas, 172x278 cm, Galleria degli Uffizi, Firenze.


Notes

1 « Frustration ». Duden. (https://www.duden.de/rechtschreibung/Frustration), zuletzt besucht 15.03.2021

2 « Frustrazione ». Treccani. (https://www.treccani.it/vocabolario/frustrazione/#:~:text=di%20frustrare%20%C2%ABfrustrare%C2%BB%5D.,provare%20un%20senso%20di%20frustrazione.), zuletzt besucht 15.03.2021

3 « Kunstgeschichte ». Duden. (https://www.duden.de/rechtschreibung/Kunstgeschichte),zuletzt besucht 15.03.2021

4 Was ist Kunstgeschichte? (https://answergarden.ch/1766525), zuletzt besucht 15.03.2021

5 Satz des Pythagotas. Wikipedia. (https://de.wikipedia.org/wiki/Satz_des_Pythagoras), zuletzt besucht 15.03.2021

6 Höhensatz. Wikipedia. (https://de.wikipedia.org/wiki/Höhensatz), zuletzt besucht 15.03.2021.

7 Sinussatz. Wikipedia. (https://de.wikipedia.org/wiki/Sinussatz), zuletzt besucht 15.03.2021

8 Welche Kunstgeschichte möchte ich vermitteln? (https://answergarden.ch/1766530), zuletzt besucht 15.03.2021


Literatur


« Frustration ». Duden. (https://www.duden.de/rechtschreibung/Frustration), zuletzt besucht 15.03.2021

« Frustrazione ». Treccani. (https://www.treccani.it/vocabolario/frustrazione/ #:~:text=di%20frustrare%20%C2%ABfrustrare%C2%BB%5D.,provare%20un%20senso%20di%20frustrazione.), zuletzt besucht 15.03.2021

Höhensatz. Wikipedia. (https://de.wikipedia.org/wiki/Höhensatz), zuletzt besucht 15.03.2021.

« Kunstgeschichte ». Duden. (https://www.duden.de/rechtschreibung/Kunstgeschichte),zuletzt besucht 15.03.2021

Satz des Pythagotas. Wikipedia. (https://de.wikipedia.org/wiki/Satz_des_Pythagoras), zuletzt besucht 15.03.2021

Sinussatz. Wikipedia. (https://de.wikipedia.org/wiki/Sinussatz), zuletzt besucht 15.03.2021

Was ist Kunstgeschichte? (https://answergarden.ch/1766525), zuletzt besucht 15.03.2021

Welche Kunstgeschichte möchte ich vermitteln? (https://answergarden.ch/1766530), zuletzt besucht 15.03.2021

Araya de Rossi ~ Ist es frustrierend, Kunstgeschichte zu lernen oder zu lehren?


Frustration, die                                                                     
1.     [Erlebnis einer] Enttäuschung und [vermeintlichen] Zurücksetzung durch erzwungenen Verzicht oder versagte Befriedigung.1

2.     In der Psychologie ein Zustand psychischer Spannung, der durch ein Versagen oder ein Hindernis bei der Befriedigung eines Bedürfnisses hervorgerufen wird; er kann äußere Ursachen haben (z.B. eine zu autoritäre Erziehung) oder innere (z.B. das Vorhandensein von zwei Bedürfnissen gleicher Intensität, aber entgegengesetzter Richtung oder anderweitig unvereinbar). Mit spezifischerer Bedeutung, in der Psychoanalyse, Wirkung der Nichtbefriedigung eines Triebes.2



Kunstgeschichte, die (ohne Plural)

1.     a. Geschichte der Entwicklung und der Epochen der bildenden Kunst.
                 

b. Wissenschaft von der geschichtlichen Entwicklung der bildenden Kunst als Teil der Kunstwissenschaft.3


Hier sind die Definitionen von zwei Wörtern, aus denen die Ausgangsfrage besteht. Wir sind es gewohnt, die Verben lernen und lehren gepaart mit dem Substantiv Kunstgeschichte zu finden. Welchen Zusammenhang gibt es aber zwischen Frustration und der Manifestation dieses Gefühls? Oberflächlich betrachtet keine, denn die Übermittlung von Geschichte oder Wissenschaft sollte so vollständig und objektiv wie möglich sein, so zumindest wird es uns während unserer schulischen Ausbildung mitgeteilt. Aber ist das wirklich so? Kann es eine vollständige und unparteiische Bedeutung sein, wenn ihre etymologische Struktur keine Pluralform enthält? Hat sie nicht mehr den Anschein einer absoluten Wahrheit, mit der man leben und deren Muster und Kanons man lernen sollte, um zu kommunizieren? Ist es vielleicht deshalb so, dass man, wenn man von Kunst spricht, sie mit Malerei oder einer Institution assoziiert, wenn man von der Renaissance mit Leonardo da Vinci spricht, wenn man vom Akt spricht, das Bild einer Frau vor Augen hat und wenn man von Ästhetik spricht, sich auf das Konzept von schön oder hässlich bezieht? Und genau in diesem Zusammenhang hat das Wort "Frustration" seine Rolle.
Aus meiner Perspektive als Kunststudentin und zukünftige Lehrperson, die eine klassische kunstgeschichtliche Ausbildung hatte, erkenne ich folgendes Muster, wenn es um das erlernen der Kunstgeschichte geht: Beim Aufwachsen haben wir kleine Teile des Puzzles gelernt und erworben, die wir, je weiter wir fortschreiten, versuchen, zusammenzusetzen. Dass künstlerische Arbeiten nicht bei der Malerei aufhören, sondern auch Bildhauerei, Architektur, Literatur, Tanz, etc. umfassen und sich an verschiedenen Orten manifestieren können. Genauso wie es verschiedene Renaissance-Künstler gab und Leonardo kein Monopol in der Kunstszene hatte, sondern Kolleg*innen und Rivalen, dass der Akt für eine lange Zeit nur den weiblichen Körper darstellte und es auch heute nur wenige Künstler gibt, die den männlichen Akt dargestellt haben. Wenn wir von der Renaissance sprechen, dann werden wir sicherlich sehr selten männlichen Akte als Subjekte finden, so wie bei den Frauen zum Beispiel die Venus (Abb. 1) als Vorwand benutzt wurde, um einen weiblichen Akt zu kreieren, der in der Gesellschaft akzeptiert wurde. Im Bereich der Skulpturen ist dies hingegen nicht der Fall. Wenn wir zum Beispiel an den Schiavo morente von Michelangelo (Abb. 2) denken, dann können wir hier eine ähnliche Sinnlichkeit und auch Erotik, wie man sie manchmal auch bei der Venus finden konnte, erkennen. Dies ist eine Besonderheit dieser Skulptur, denn normalerweise verfolgten die männlichen Akte vielmehr das Ziel, Männlichkeit und Macht auszustrahlen (wie zum Beispiel in den klassischen griechisch-römischen Skulpturen). In späteren Zeiten wurde der männliche Akt in der Malerei immer mehr für die Repräsentation von mythologischen Figuren verwendet (wie zum Beispiel der Kupido des Caravaggio im Gemälde Amor vincit omnia, (Abb. 3). Um männliche Akte, die aus diesen Kategorien fallen zu finden, muss man bis zum 19. Jahrhundert warten, wo wir zum Beispiel das Gemälde Fisherman with a Net von Bazille (1868, Abb. 4) finden, in dem ein männlicher Körper in der Natur dargestellt wird. Der Begriff der Ästhetik, des Schönen und des Hässlichen waren nie wirklich die einzigen Themen der Kunst und der Künstlerin. Warum also werden beim Lernen der Kunstgeschichte immer die gleichen Beispiele und Konzepte verwendet, wenn es mehrere davon gibt? Wer hat entschieden, dass die, die wir jetzt verwenden, die "geeignetsten" sind, um eine Epoche oder einen künstlerischen Stil zu verstehen? Wäre dieser Denkmechanismus akzeptabel und nachvollziehbar, wenn es darum ginge, eine "pädagogische Strategie" zu erfüllen? Ich denke, das wäre eine ziemlich schnelle und einfache Antwort, die keine Haltung seitens der Person erfordert, die dieses Wissen überträgt. Die "pädagogische Strategie" hat eurozentrische, institutionelle und patriarchalische Beispiele begünstigt, in denen immer der gleiche Kanon4 verwendet wird, und obwohl sich die Zeiten ändern, ändern sie sich nicht. Einerseits ist diese Argumentation nachvollziehbar, weil sie, wie jede sich selbst respektierende Wissenschaft, die Grundlagen universeller Codes präsentiert, damit alle die gleiche Sprache sprechen können. Gleichzeitig gibt es in der Mathematik aber nicht nur einen Weg, die Hypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks mit dem Satz des Pythagoras5 zu berechnen, sondern auch durch den Satz von Euklid6 und durch den Sinussatz7. Im Kontext des Unterrichts in der Sekundarstufe II könnte man sich deshalb die Frage stellen, wo in der Kunstgeschichte die verschiedenen Sätze sind, die wir aufgrund dessen, was vor uns liegt, auswählen können?
An der Universität lernen wir diese verschiedenen "Sätze", durch Kritik, Vergleich, Gegenüberstellung von verschiedenen Fächern, Aspekten und Themen. Denn Stile, Gedanken und künstlerische Theorien bleiben nicht von heute auf morgen stehen, sie gehen nicht in jeder Epoche auf Null, sondern entwickeln sich, beeinflussen und koexistieren. Es gibt keine wirklich wasserdichten Abteilungen, in denen es eine maximale Entwicklung gibt, die zum Verfall führt, sondern eher einen Fluss, der in Abhängigkeit von den Hindernissen, die mit der Morphologie des Territoriums verbunden sind, anschwillt oder schwächer wird. Wenn wir das erkannt haben, erkennen wir, dass der Fluss auch von Nebenflüssen gespeist werden kann, indem wir einfach den Schutt oder die Dämme entfernen, die wir gebaut haben. Die Entdeckung dieser Nebenflüsse und die Bereicherung, die sie mit sich bringen, begeistert uns beim Lernen und Forschen. Trotzdem plagt mich ein Gefühl der Frustration und Hilflosigkeit, wenn es dazu kommt, dass meine Rolle umgekehrt wird und ich diejenige sein werde, die das Wissen der Kunstgeschichte weitergibt. Wie kann ich dem treu sein, was ich für wichtig halte8, der Vielfalt der Standpunkte, der Aktualität in einem Kontext, der Wissen mit Kästchen zählt, in denen man ein Visum oder ein Kreuz für das, was man sich angeeignet hat und was nicht, setzen kann? Einverstanden zu sein und zu homologieren, dagegen zu sein und die Schemata zu spalten, erfordert die gleiche Energie, weil wir unsere Wahl immer gegenüber denen rechtfertigen müssen, die anders denken als wir. Wäre diese Energie nicht besser genutzt, wenn wir sie in das Konzept stecken würden, dass sich alles transformiert, anstatt das alles zerstört oder geschaffen wird?